Hakel, Domburg und Waldfrieden

Zwischen den Ortschaften Wegeleben, Kroppenstedt und Cochstedt erhebt sich als einer der nördlichen Vorberge des Harzes der Hakel bis zu einer Höhe von 240 Metern. Sein Name ist uralt; sicherlich viel älter als die Urkunde vom Jahre 934, in der Graf Siegfried, der Bruder des Markgrafen Gero, seinen Besitz im nordwestlichen Schwabengau, nämlich Kroppenstedt, Westergröningen, Heteborn, Daldorf und einen Teil des Hacul dem Kloster Corvey zur Stiftung des Klosters Gröningen übergab.

Der Name der waldigen Erhebung ist nicht mit voller Sicherheit zu erklären. Man kann aber Hakel mit gutem Recht von Hag, Hagen, Gehege, alles Bezeichnungen der altgermanischen Malstätte, ableiten. Der Name hat sich von der Walstatt selbst auf den ganzen Wald übertragen; in der Domburg haben wir eine uralte Kult- und Berichtsstätte der Germanen vor uns. Domburg hat mit dem Domkapitel in Halberstadt nichts zu tun, sondern ist zusammengezogen aus Donars-Burg; Donar, Thor, ist der Rechtsgott der Germanen. Daß der Hakel mit der Domburg geweihte Stätten waren, davon zeugt weiter das „Teufelstal“ und eine Reihe Hünengräber, die dort und an andern Stellen vorhanden sind. Auch in unmittelbarer Nähe des Hakels finden sich bedeutungsvolle vorgeschichtliche Grabstätten. Reiche vorgeschichtliche Funde legen Zeugnis davon ab, daß dieser alte Kulturboden immer schon eng und reich besiedelt gewesen ist. Außer den heute noch vorhandenen zehn Ortschaften umsäumten den Hakel nicht weniger als acht andere, wüst gewordene Dörfer und Siedlungen: Pedelitz, Brunsdorf, Hakelndorf, Heuerberg, Harsdorf, Dalldorf, Eilwardesdorf und Heßlingen.

Der ausgedehnte Wald hat eine Größe von 1307,41 ha ( = 5229 2/3 Morgen ). Er umfaßt einen größeren Hauptteil, den „Großen Hakel“, der nach Süden zu zwei lang vorgestreckte Ausläufer hat, die „Gießel“ und die „Bischopie“. Zwischen ihnen liegt die tiefe Rodefläche des „Lerchenwinkels“. Der sogenannte „Kleine Hakel“, früher „Hartenholz“, liegt nach Cochstedt zu. Als im Jahre 1602 Bischof Heinrich Julius von Braunschweig den Wald ausmessen ließ, umfaßte der Hauptteil 5261 Morgen; Teile desselben, wie das Harternholz, maßen damals 681 ½ Morgen, der Viekling 384 ½ Morgen, das Westernholz 203 ½ Morgen und das Lindholz 40 ¼ Morgen.
Der gesamte Waldbestand belief sich also auf über 6000 Morgen. Seit der Zeit ist viel gerodet. Viekling, Westernholz und Lindholz sind am Beginn des 19. Jahrhunderts verschwunden. Große Haideflächen, die als Viehweide dienten, umsäumten den Hakel im Norden und Süden. Sie leben in den alten Flurnamen heute noch fort. Im Volksmund hat sich die Überlieferung erhalten, daß der Hakel einst bis zu den Dörfern Börnecke und Schneidlingen reichte. Wie aus Urkunden des 15. Jahrhunderts hervorgeht, ist an der Richtigkeit der Volksüberlieferung nicht zu zweifeln.

Wie schon erwähnt, taucht der Hakel zum erstenmal in einer Urkunde des Jahres 934 auf. An der Grenze des Schwabengaues liegend, war er wohl unter dem Frankenkönige Karl Reichsbannforst, Eigentum der Krone. Graf Siegfried besaß ihn daher nur als Reichslehen. Da letzterer ohne Erben an den Folgen eines Unglücksfalles starb, erbte sein Bruder, Markgraf Gero, seine Besitzungen. Dazu erhielt Geros Sohn Siegfried 941 von Kaiser Otto I. als Patengeschenk neben Oster- und Westeregeln einen Teil des Hakels bei Cochstedt.

Im Jahre 964 kam dieser Teil mit den am Hakel gelegenen Ortschaften Ammendorf, Harsdorf, Gröningen, Reindorf, Cochstedt und Gatersleben an das vom Markgrafen Gero gegründete Nonnenstift Gernrode. Bischof Arnulf von Halberstadt erhielt 997 für sich und für seine Nachfolger von Kaiser Otto III. Forstbann (d. h. Gerichtsbarkeit, Aufsichts- und Jagdrecht) über den ganzen Hacul und das Recht der Nutzung der königlichen, bisher lehnsfreien Teile. Er konnte als Inhaber des Forstbanns die Rodung einzelner Waldteile erlauben und bezog den Rodezehnten.

Um das Jahr 1050 war der Hakel unter folgende Besitzer aufgeteilt: Dem Nonnenkloster Gernrode gehörte das Westernholz und das Lindholz bei Heteborn; das Mönchskloster zu Westergröningen besaß den Vietling; dem Domstift Goslar hatte Kaiser Heinrich III. sein Erbgut in Adersleben mit Hakelwald geschenkt; der größere Teil aber war in den Händen des Bischofs von Halberstadt. Sein Besitz ist freilich im Laufe der Jahrhunderte durch Belehnungen und durch Verkäufe geschmälert worden. Nur ein kleiner Teil, „Die Bischopie“, erinnert noch an den bischöflichen Oberherrn.

In den Zeiten der Kriegsnot war der Hakel die Zufluchtsstätte der Bewohner, namentlich im 30jährigen Kriege. Hier fand auch ein Gefecht statt. Am 22. September 1644 trafen sich dort kaiserliche und schwedische Reiterabteilungen vom Heere Torstensons. Der Führer der Schweden, Leutnant, Graf Königsmarck, ward dabei erschossen und wurde mit großem Gepränge in der Neustädter Kirche zu Aschersleben beigesetzt. Auf kaiserlicher Seite fiel ein Leutnant Schwarz, der unter der „schwarzen Eiche“ im Hakel begraben sein soll. Degen und Sporen von ihm werden in der Cochstedter Kirche aufbewahrt.

(Text: Heimatlesebogen, herausgegeben von H. Goebke, Quedlinburg)

Bodenverhältnisse, Pflanzen- und Tierwelt des Hakels

Der Hakel bildet zwischen dem Harzvorlande und der unteren Bodeniederung eine bemerkenswerte Wetterscheide. Sein Boden besteht durchgehends aus Unterem Muschelkalk, nur im Wassertal und an den Steilhängen der Wassergrund tritt auch Oberer Bundsandstein zutage. Eine Eigentümlichkeit des Bodens sind die westlich und nördlich vom ehemaligen Westernholz vorhandenen Erdfälle, die durch Auslaugung der Salz- und Gipsschichten und durch Nachbruch der darüber liegenden Gesteinsdecken entstanden sind. Von den größeren seien genannt: das Grundlos, Schleuf, Tietal, Leth und der Erdfall. Letzterer ist erst 1798 eingebrochen und hatte damals eine Tiefe von 57 Metern, bei einem Wasserstande von 42 Metern.

Die starke Verwitterung des ton- und kalkhaltigen Gesteins hat eine fruchtbare Bodenschicht geschaffen, auf der sich eine reiche Pflanzenwelt entwickelt. Fast kein Wald hat solch eine Fülle und Mannigfaltigkeit von Pflanzen aufzuweisen. Fast zu jeder Jahreszeit finden sich blühende Kräuter und Stauden, so daß man den Hakel einen ewig blühenden Wald genannt hat. Die verschiedensten und seltensten deutschen Waldblumen sind hier zu finden. Trotzdem der Kalkboden die Nässe durchläßt, bleibt der Boden überall da, wo er vor Sonne und Wind geschützt ist, fast immer feucht, weil die Niederschläge reichlicher fallen als in der Ebene.

Einen großen Wasserreichtum hat der Hakel nicht aufzuweisen. Nur hier und da ist ein kleiner Teich oder Kulk vorhanden, in welchem sich das Regenwasser sammelt. Fließende Gewässer finden sich nicht. Nur in besonders nassen Jahren treten zwei Quellen zutage, eine im Wassertal und die andere am Schmerlenteiche.

Außerordentlich reich war der Wildbestand in früheren Zeiten. Fürstliche Jagden fanden dort häufig statt. Bei einer solchen den Fürstbischofs Heinrich Julius von Braunschweig wurden im Jahre 1590 an drei Tagen 185 wilde Schweine abgefangen. Für die Jagden im Hakel genossen die Kroppenstedter Bürger besondere Rechte. Sie hatten nur die Lappen und Netze aufzustellen und abzunehmen.

Die wilden Schweine waren so zahlreich vorhanden, daß 1589 und 1737 die Gemeinde Hedersleben arge Klage darüber führt, daß ihr erheblicher Schade auf den Äckern getan werde. Die Einwohner Cochstedts beschweren sich 1734 bei der Kriegs- und Domänenkammer in Magdeburg, daß ihre am Hakel angrenzenden Felder von den Wildschweinen verwüstet werden.

Auch durch Wölfe ward der Hakel unsicher gemacht. Aus dem Jahre 1638 berichtet die Chronik, daß Wölfe zwei Esel von der Weide holten; noch 1683 fand eine Wolfsjagd im Hakel statt, zu der Hedersleben Netze und Treiber stellen mußte.

Heute sind im Hakel nur noch Rehe als größere Jagdtiere vorhanden.

Die Dom- oder Dumburg

Goldner Schein
deckt den Hain.
Mild beleuchtet Zauberschimmer
der umbüschten Waltdburg Trümmer.

(Matthisson)

Geschichtliches über die Burg

Der Glanzpunkt des Hakels ist die auf dem höchsten Punkte gelegene Domburg, im Volksmunde Dumburg genannt. Über den Erbauer der Burg ist nichts bekannt. Erst im Jahre 1310 wird sie zum erstenmal erwähnt und ist im Besitze Ludolphs von Knesebeck, des jüngsten Sohnes Masmods, Ritter auf Brome (Drömling).

Die von dem Knesebeck entstammen einem angesehenen Rittergeschlechte, das im Besitze der in der Provinz Hannover gelegenen reichsunmittelbaren Herrschaft und Burg Knesebeck war. Das kinderreiche Geschlecht verliert in den Jahren 1337 – 1343 infolge schlechter Vermögenslage und durch Kriegsnot seinen gesamten Stammbesitz. Die Urkunden derer von Knesebeck wimmeln in diesen Jahren von Verkäufen einzelner Höfe, Wiesen, Dörfer, Burglehn und Besitzanteile der Stammburg an die Braunschweig-Lüneburger Herzöge, bis deren Hausmacht den Knesebeckchen Besitz aufgesogen hat.

Nun sind die Mitglieder des Geschlechts landfremd geworden und suchen als Lehnsleute Unterkunft am Hofe zu Brandenburg, zu Barby und an anderen Orten. Paridam der Lange sitzt 1303 – 1377 als Ritter auf Burg Brome. Dort folgt ihm sein Sohn Ludolf der Ältere. Ludolfs Bruder Erich ist 1338 im Besitz der Burg Jerxheim, 1366 im Besitz der Domburg im Hakel. Ludolf und Erich waren von Vasallen des Erzbischofs von Magdeburg geschädigt worden und konnten keinen Ersatz des Schadens erlangen. Sie hielten darum einen Warenzug Magdeburger Kaufleute auf der Frachtstraße Magdeburg-Lüneburg an und brachten die Güter der Kaufleute auf ihrer Burg Brome in Sicherheit. Infolgedessen zog der Erzbischof Dietrich von Magdeburg in Gemeinschaft mit den Städten Halberstadt, Quedlinburg und Aschersleben, die ihm vertraglich verpflichtet waren, in den Fasten des Jahres 1367 vor die Domburg und belagerte sie. Sie ward von Erich v. d. Knesebeck mutig verteidigt. Schon fingen die Erzbischöflichen an, die Mauern zu brechen, da ward die Fehde durch einen Vergleich beendet. Ludwig schloß ihn mit den Räten des Erzbischofs zu Oebisfelde ab, um seinen Bruder Erich zu retten.

Die v. Knesebeck erstatteten die Kaufmannsgüter der Magdeburger im Werte von 800 Mark zurück und zahlten außerdem vielleicht wegen des weggenommenen Viehes, noch 200 Mark. „Da togen se van der Borch to Dombarge unde bleiff ungewunnen.“ Es scheint mit Sicherheit festzustehen, daß 1367 die Domburg nicht zerstört worden ist; erkaufte sie doch 1368 Bischof Albrecht III. von Halberstadt.

Durch Verpfändung wechselt die Burg nun dauernd den Besitzer. Bei der Belehnung der Schenken 1499 durch Bischof Ernst II. von Halberstadt wird nur noch der „Burgwall zu Heteborn“ erwähnt. Es steht also fest, daß die Domburg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wüst geworden ist; durch welche Ereignisse dies geschah, läßt sich nicht ermitteln.

Über Bau und Anlage

Die Domburg bildet ein gutes Beispiel eines mittelalterlichen Herrensitzes hiesiger Gegend. Sie war weiter nichts als ein wehrhafter, abgesonderter Bau, in ihrem Äußeren denselben Eindruck machend wie etwa ein einzeln gelegener, geschlossener Gutshof. Von den Umfassungsmauern der Burg ist die nördliche mit Tor und die Westwand zur Hälfte noch erhalten, und zwar in ihrer ganzen Höhe (10,50 Meter) und Stärke (1,45 Meter).

Die zu ihrem Bau verwandten Kalksteine sind wohl aus dem tiefen Wallgraben herausgebrochen, auch scheint der ausgehobene Boden zur Erhöhung des Burgberinges verwendet zu sein. In der Mauertechnik herrscht der Bruchsteinverband vor. An der Innenseite der Gebäudemauer stecken noch Balkenköpfe aus Eiche und lassen die Anordnung der Stockwerke und Zimmer erkennen. Fenster sind in der äußeren Gebäudemauer, die zugleich Ringmauer war, nicht feststellbar. Man legte sie nur nach der Innenseite zu an, ohne Rücksicht auf Fassade, nur nach dem praktischen Bedürfnis. Da zu den Zeiten der Burg Verglasung noch nicht gebräuchlich war, verschloß man die Öffnungen, indem man Läden oder Rahmen mit durchscheinendem Stoff davorsetzte. Die Fenster wurden darum möglichst klein gehalten. Zwischenwände wird man in der Ruine ebenfalls vergeblich suchen. Man stellte sie aus Fachwerk oder Lehmstaken her; sie sind darum schnell zerfallen. Nur der Lehmputz der Zimmerwände hat sich bis heute noch erhalten.

Von den übrigen Umfassungsmauern ist wenig vorhanden. Sie machen den Eindruck, als ob sie abgebrochen sind. Ihr Baumaterial wird wohl ebenso, wie es bei anderen Ruinen der Fall war, durch die umliegenden Dörfer im Laufe der Jahrhunderte abgefahren sein. Es sind, wie sich der Verfasser durch Nachgraben überzeugen konnte, teilweise sogar die Fundamente herausgeholt.

Der Waldfrieden

Die ehemalige Wald- und Ausflugsgaststätte „Waldfrieden“ liegt am nördlichen Hakelrand. Mit dem Fahrzeug kann man den Waldfrieden über Hakeborn (Entfernung ca. 2,6 km) oder über Cochstedt (Entfernung ca. 4 km) erreichen (siehe Hakelkarte oben).

Die Ausflugsgaststätte wurde vor dem Krieg gebaut. In den Jahren von 1950 bis ca. 1980 war die Gaststätte noch intakt und ein regelmäßiger Gaststättenbetrieb abgesichert. Nach dem der letzte Hakelwirt den Waldfrieden verlassen hatte, setzte der Verfall an Gebäude und Grundstück ein. Dieser Verfall wurde durch Vandalismus um ein Vielfaches beschleunigt. Mit der Übernahme des Grundstückes durch neue Hakelwirte wurde das alte Gaststättengebäude vorübergehend vor dem weiteren Verfall gerettet. Das Gebäude wie auch das zugehörige Grundstück wurde so hergerichtet, dass eine saisonaler Bertieb als Ausschank zu Feiertagen möglich war bis neue gesetzliche Vorgaben einen Weiterbetrieb unmöglich machten.

Zu Feiertagen wie dem 1. Mai, zu Himmelfahrt und Pfingsten und am Tag der Wiedervereinigung wurde regelmäßig für Unterhaltung und Verpflegung gesorgt. Umgeben von purer Natur lud der Waldfrieden nicht nur Naturfreunde sonderen auch viele andere Gäste zu einem Besuch ein. An sonnigen Tagen zeigten sich die Hakelwirte von der besten Seite und taten ihr Möglichstes um die zahlreichen Gäste zu bewirten. Inzwischen ist der „Waldfrieden“ dauerhaft gesperrt und mehr nur noch eine Ruine.